Auf den Punkt: Agile Organisationformen im Überblick

Vom stabilitätsorientierten bis zum sinngetriebenen Organisationstyp

Agile Organisationsformen helfen bei der Orientierung im Rahmen einer Transformation
Lesedauer 5 Minuten

Du steckst mit Deinem Unternehmen inmitten einer agilen Transformation? Du brauchst Orientierung für Euren Weg? Fang mit einer Standortbestimmung an. Dazu stellen wir Dir fünf Organisationsformen vor. (Bildquelle: Sylwia Bartyzel / unsplash.com)

Treiber für mehr Agilität

Sei es technologischer Wandel, Fachkräftemangel oder Wertewandel: immer neue interne und externe Treiber verlangen nach Antworten auf immer komplexere Herausforderungen. Schnellere Anpassungsfähigkeit, Schwarmintelligenz und damit einhergehend neue agilere Organisationsformen sind gefragt. Veränderungen sind notwendig, stellen aber Organisationen vor große Aufgaben. Wie viel Agilität braucht Dein Unternehmen? Hier steht am Anfang eine Umfeldanalyse, die Dir aufzeigt, wie turbulent Dein Umfeld und damit Dein Agilitätsbedarf ist.

Warum unterscheiden wir agile Organisationsformen?

Bei Euch besteht in Sachen Agilität Handlungsbedarf? Bei der Frage „Wie werden wir als Unternehmen agiler?“ ist es zunächst wichtig, Euren aktuellen Standort zu bestimmen. Auch ein Arzt arbeitet ohne Anamnese keine Therapie aus. So ist Dein erster Schritt, den agilen Reifegrad Eures Unternehmens zu ermitteln. Kein Unternehmen wird von heute auf morgen agil und das ist unter Umständen auch gar nicht sinnvoll. Die verschiedenen Organisationsmodelle dienen Dir bei dieser Einordnung als eine Art Landkarte, mit der Du einschätzt, wo Ihr steht und wie viel Agilität Euer Unternehmen braucht. So könnt Ihr gezielt die nächsten Schritte gehen.

Die Organisationstypen

Im Rahmen des Pioneers Trafo-ModellTM unterscheiden wir fünf Organisationstypen, die wir je auf den Dimensionen Struktur, Strategie, Prozesse, Führung, Kultur oder HR beschreiben. Dabei liegt den Typen keine Wertigkeit zugrunde. Sie beschreiben Dir passende Lösungsmuster für je unterschiedliche Umfelder. Je höher jedoch das Level, um so besser ist die Organisation auf ein turbulentes Umfeld eingestellt und kann Entwicklungen selbst mit gestalten. Wie bei allen Modellen findest Du die Realität Deines Unternehmens irgendwo dazwischen in einer Mischform. Aber es gibt Dir Orientierung und ermöglicht Dir eine Standortbestimmung vor dem Start in eine agile Transformation.

 

Hier wird eine Landkarte dargestellt, die im übertragenen Sinn zeigen soll, dass agile Organisationsmodelle der Standortbestimmung dienen

Agile Organisationsmodelle dienen Deiner Standortbestimmung.

(Bildquelle: GeoJango Maps / unsplash.com)

Organisationstyp 1: Die stabilitätsorientierte klassische Organisation

Deine Organisation ist eine stabilitätsorientierte Organisationsform, wenn sie viele der folgenden Merkmale aufweist.

  • Ihr geht von einer nahezu stabilen Umwelt aus. In dieser seid Ihr mit Euren bewährten Geschäftsmodellen erfolgreich und könnt Euch auf die Kernkompetenzen Eurer Organisation verlassen.
  • Eure Prozesse sind auf robuste und bewährte Arbeitsabläufe ausgelegt
  • Neuerungen und Veränderung empfindet Ihr eher als Risiko.
  • Stabile Umfeldbedingungen ermöglichen Euch, viel Zeit und Aufwand in Analyse und Planung zu investieren, um perfekte Lösungen zu erarbeiten, die lange Bestand haben.
  • Wer unter diesen Bedingungen einen Fehler macht, hätte es besser wissen können. Daher sind Absicherung und Kontrolle (persönlich, wie organisational) ein hoher Wert.
  • Jegliche Verantwortung wird bei den Führungskräften gebündelt und klassisch hierarchisch im Alltag umgesetzt.
  • In dieser Organisationsform findest Du eine nach Funktionen strukturierte Stab-Linien Organisation.
  • Übergreifender Austausch und Vernetzung findet vor allem nach Absprache mit der nächsten Hierarchieebene

Der stabilitätsorientierte Organisationstyp hat die geringste Ausprägung an Agilität.

Organisationstyp 2: Die effizienzgetriebene Organisationsform

Du findest Dich in einer effizienzgetriebenen Organisation, wenn auf Euch folgende Punkte im Wesentlichen zutreffen:

  • In Eurem Umfeld herrscht starker Wettbewerb. Durch Standardisierung soll die Effizienz gesteigert und Kosten optimiert
  • Eure Denkweise bleibt eher Inside-out (was können wir, was wollen wir in den Markt bringen?). So versucht Ihr Euch dadurch im Markt zu behaupten, dass Ihr Marketing und Vertrieb
  • Ihr erweitert Eure klassische Linienorganisation durch funktionsübergreifende Mit diesen wollt Ihr besagte Effizienzen heben.
  • Neben den Linienführungskräften gibt es bei Euch auch nicht-disziplinarische Führungskräfte wie zum Beispiel Projektleiter:innen oder in ersten agilen Experimenten Product Owner:innen.
  • In dieser Organisationsform gibt es viel Druck und Politik. Jede:r versucht, „seine Schäfchen“ ins Trockene zu bringen und seinen Status zu behalten. Wissen und Informationen werden als Machtinstrumente eingesetzt.

Organisationstyp 3: Die leistungsorientierte Organisationsform

Du findest Dich in einer leistungsorientierten Organisationsform, wenn folgende Punkte auf Euch zutreffen:

  • Euer Markt mag eng sein, aber Ihr seht die Welt voller Chancen. Wichtig sind Euch vor allem Produktivität, Effektivität und Innovation.
  • Euer primäres Ziel: wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Insofern erhöht sich Eure Offenheit für Veränderung
  • Dennoch agiert Ihr überwiegend kurz- und mittelfristig.
  • Die vorhandenen generellen Standards lebt Ihr mit viel Raum für Freiheit und eher undogmatisch.
  • In Eurer Kultur haben Zielorientierung und Leistung einen hohen Stellenwert.
  • Strukturell bildet Ihr Eure Organisation zumeist durch eine Matrix
  • Wenn die Transformation zur Matrix glückt, sind die Team- und Abteilungsgrenzen durchlässiger und interne Kooperation verdrängt nach und nach das alte Konkurrenzdenken.
  • Neben den Linienführungskräfte haben auch andere Führungsrollen – zum Beispiel agile, laterale Führungsrollen – einen großen Einfluss.

Organisationstyp 4: Die menschenzentrierte Organisationsform

Die menschenzentrierte Organisationsform erkennst Du an folgenden Merkmalen:

  • Für Euch steht die:der Kund:in mit ihren:seinen Bedürfnissen an oberster Stelle. Euren wirtschaftlichen Erfolg versteht Ihr als Folge davon.
  • Strategie und Investitionen zahlen daher stark auf das Einkaufserlebnis der Kund:innen ein.
  • Der Mensch steht aber auch innerhalb Eurer Organisationsform im Vordergrund. Zusammenarbeit, Gemeinschaft und Vertrauen werden bei Euch großgeschrieben und gelten aus Voraussetzung, um Kund:innenzentrierung leben zu können.
  • Der Wille nach Vernetzung prägt Eurer Unternehmen. Die Grenzen zwischen den Bereichen und Einheiten schwinden deshalb immer mehr.
  • Eure sehr partizipativen Prozesse dienen in erster Linie als Unterstützung für alle Menschen innerhalb der Organisation. Mitreden erwünscht!
  • Verteilte Führung ist Euer Konzept und das lebt Ihr auch. Führung organisiert Ihr in ausdifferenzierten lateralen Rollen. Disziplinarische Führungskräfte agieren als eine Art Coach.
  • Die Grenzen zwischen den Bereichen und Einheiten verschwimmen Darüber hinaus organisieren sich einzelne Organisationseinheiten netzwerkartig.

Organisationstyp 5: Die sinngetriebene Organisationsform

Euer Unternehmen ist ein sinngetriebener Organisationstyp, wenn Ihr Euch in diesen Punkten wiederfindet:

  • Sinn und Zweck Eurer Organisation dienen Euren Kund:innen, Mitarbeiter:innen sowie der Gesellschaft. Euer Anspruch ist es, menschengerecht und nachhaltig zu sein und positiv auf diese Welt einzuwirken.
  • Eure gemeinsame Vision sowie Eure Werte bestimmen Eure Strategie wie auch die tägliche Praxis.
  • Kund:innen und Mitarbeitenden begegnet Ihr auf Augenhöhe.
  • Eure Prozesse orientieren sich vor allem an den Menschen und spielen eine untergeordnete Rolle.
  • Führung ist bei Euch hochgradig kollektiviert und Entscheidungen treffen diejenigen, die hierfür am besten geeignet sind.
  • Eure Teams arbeiten daher weitgehend autonom und selbstorganisiert.
  • Eure fluide Netzwerkorganisation lässt sich kaum noch in einem Organigramm darstellen.

Agilität um jeden Preis? Nein, denn nicht jedes Unternehmen braucht einen hohen Grad an Agilität. Je stabiler Euer Umfeld, je weniger Agilität ist notwendig und andere Organisationstypen passen für Euch. Wird es komplexer, solltet Ihr den Weg in agilere Varianten gehen.

 

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AutorInnen dieses Beitrags
Jennifer Rolle
Management Consultant

Seit 2016 verstärkt Jenni das HR Pioneers Team und bringt ihre Expertise vornehmlich in der Begleitung von agilen Transformationen, Agile Leadership, Begleitung von agilen Teams und Schulung verschiedener agiler Rollen ein.

Tillmann Seidel
Management Psychosoph

Seit 2017 unterstützt Tillmann das HR Pioneers Team und begleitet unsere Kunden mit seiner Expertise auf ihrer Reise. Seine Schwerpunkte liegen hierbei auf dem kulturellen Wandel, der mit einer Transformation einhergeht, auf der Implementierung agiler Methoden sowie Organisations- und Personaldiagnostik.


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