Auf der Agile HR Conference 2023 berichten am 26. und 27. April über 40 Impulsgeber:innen von den Transformationen ihrer Unternehmen. Eine davon ist Alicia Prahm, Program Lead für Diversity & Inclusiveness bei LichtBlick. Für Alicia ist das Thema Diversity im Arbeitskontext besonders wichtig. Auf der Agile HR Conference 2023 lädt sie dazu ein, Agile und Diversity zusammen zu denken. In diesem Interview gibt Alicia Dir bereits einen kurzen Einblick in ihren Impuls.
HR Pioneers: Hallo Alicia! Magst Du Dich einmal vorstellen? Wer bist Du und was ist LichtBlick?
Alicia: Vor über 20 Jahren fing LichtBlick an, sich für erneuerbare Energien stark zu machen. Heute ist Ökostrom in der Mitte der Gesellschaft angekommen und LichtBlick Deutschlands größter Ökostromanbieter. Wir erzeugen, integrieren und flexibilisieren klimaneutrale Energie mit und für unsere Kund:innen.
Ich bin: Alicia – Mutter einer Teenagerin, 39 Jahre alt, bewegte Biographie, Arbeitssoziologin im Herzen und seit 2011 schon bei LichtBlick. Seit 2021 bin ich in der Rolle des Program Leads für Diversity & Inclusiveness aktiv.
HR Pioneers: Bei Deinem Vortrag geht es um das Thema Diversität im Arbeitskontext – Warum ist Dir das Thema so wichtig?
Alicia: Erst einmal ist Diversität ein gesellschaftlicher Fakt, auch in Deutschland. Findet sich eine vergleichbare Diversität nicht in einem Unternehmen wieder, erzählt uns das schon ein bisschen – vor allem etwas über Machtungleichheit, implizite und explizite Diskriminierung und über unsere menschliche Tendenz, es uns in einem Setting der Likeness, der Ähnlichkeit zueinander, kuschelig einzurichten.
Fehlende Diversität, in Unternehmen an sich und gerade in hierarchisch machtvollen Rollen oder Positionen in diesen, ist eigentlich ein künstlicher Zustand – ein Zustand, der durch Exklusivität und Aufrechterhaltung von Privilegien hergestellt wird. Ich finde diese Perspektive auf ‚künstlich‘ – also nicht naturgegeben – zwar etwas schmerzlich, aber auch sehr hilfreich. Es zeigt uns, dass wir hier etwas verändern können.
Dass Vielfalt in all ihren vielen Dimensionen vorhanden sein sollte, wenn Ideen entwickelt, Entscheidungen getroffen und Pläne geschmiedet werden, ist für mich ein absolutes Muss. Und zwar Vielfalt, die Gestaltungsmacht in Unternehmen ausführen kann und nicht Bystander ist. Das Handeln innerhalb der Herausforderungen unserer heutigen Zeit braucht diese vielfältigen Perspektiven. Und diese Vielfalt braucht ein Setting, in dem Menschen sicher sind und Wertschätzung erfahren. Alle Menschen haben ein Grundrecht auf eine solch nährende Erfahrung von hilfreichen und stärkenden Settings, aber Stand heute wird sie nicht allen Menschen gewährt. Daran möchte ich arbeiten und zu einer Veränderung beitragen.
HR Pioneers: Wie geht Ihr das Thema bei LichtBlick an?
Alicia: Diversity & Inclusiveness ist bei LichtBlick als Programm Teil unserer langfristigen People & Culture Strategie. Das Programm an sich haben wir aus einer Organisationsentwicklungs-Perspektive gestaltet: Bei LichtBlick begleiten wir mit dieser Initiative auch einen Change von einer ehemals sehr homogenen und der Mehrheitsgesellschaft entsprechenden Besetzung hin zu spürbar mehr werdender Vielfalt auf den verschiedenen Ebenen. Diese Veränderung braucht wie alle Veränderungen auch Begleitung, Räume zum Reflektieren, Verorten und Lernen, Räume fürs Erleben und eine Facilitation des Umgangs mit Reibungen. Und gleichzeitig brauchen wir eine klare Haltung und das entsprechende Handeln, dass Diskriminierung nicht akzeptiert ist und wir aktiv miteinander unsere diskriminierenden Prägungen ent-lernen.
Etwas weniger abstrakt bedeutet das, dass wir kontinuierlich innerhalb der Handlungsfelder Mensch (Selbstkompetenz), Zusammenarbeit und Strukturen & Prozesse aktiv sind. Die konkreten Maßnahmen variieren je nach Handlungsfeld und Zielsetzung.
Ein hilfreiches Beispiel ist vielleicht das Folgende: Wir haben bei LichtBlick einen neuen Performance Review Prozess eingeführt. Solche Bewertungsprozesse sind stark anfällig für internalisierte Vorurteile und Stereotype, die wir alle in uns tragen – auch wenn sie uns nicht bewusst sind und wir sie auch nicht ausleben wollen. Die Auseinandersetzung mit unseren eigenen Biases (also unseren eigenen internalisierten Vorurteilen), anderen aber auch uns selbst gegenüber, ist jetzt fester Bestandteil unserer Prozesses – mit der Hilfe von Enabling-Workshops aber auch durch die kontinuierliche Überprüfung unserer Bewertungskriterien und des Prozessablaufs an sich. Hier verzahnen wir People Work und die Arbeit an unseren Strukturen.
HR Pioneers: Ohne zu viel vorwegzunehmen – Was war eins Deiner Top-Learnings als Program Lead Diversity & Inclusiveness?
Alicia: Eines meiner Top-Learnings der letzten 2 Jahre ist, dass die Rolle viel Geschmeidigkeit verlangt. Es ist eine stetige fokussierte Zielstrebigkeit – beispielsweise durch das konkrete Anpacken von bestehenden Strukturen und Prozessen, um infrastrukturelle Veränderung zu bewirken, die Diskriminierung abbaut und Chancengerechtigkeit stärkt. Gleichzeitig ist es eine kontinuierliche situative Analyse der spezifischen Settings, zum Beispiel von Team-Konfigurationen und Needs, die sich fortwährend ändern durch immer wieder neues Zusammenkommen von Menschen. Ein spannendes Zusammenspiel von gleichzeitig organischer und strategischer Arbeit.
Ein weiteres so wichtiges Learning für mich ist, dass die Menschen die Magic dieser Arbeit ausmachen. Sowohl als Mitmachende bei fachlich-bezogener Arbeit als auch gerade bei unserer Reflexionsarbeit, die viel inner work bedingt. Ohne die große Offenheit und Bereitschaft meiner tollen Kolleg:innen kämen wir nicht weit.
HR Pioneers: Worauf können sich die Teilnehmer:innen bei Deinem Vortrag noch freuen?
Alicia: Vor allem freue ich mich auf die Teilnehmer:innen! Ein wenig aufgeregt bin ich allerdings auch.
Inhaltlich bringe ich ein Angebot für den Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis mit. Mir ist klar, mit dem Thema Diversitätsbewusstsein einen weiteren Layer von Komplexität in einen bereits sehr komplexen Diskurs zu bringen. Aber ich bin davon überzeugt, dass uns diese Herausforderung gemeinsam Spaß bringt und dass diese Perspektiven-Ergänzung hilfreich ist. Wenn Menschen in Teams zusammenkommen, und Arbeitsweisen neu verhandeln – in Kontext von Entscheidungsfindung, Ausrichtung, Kooperation und vielem mehr – dann haben wir aus meiner Sicht nicht nur unsere erwerbsbiographische Erfahrung und unsere Persönlichkeit im Rucksack, sondern eben auch unsere Perspektive, die geprägt ist durch die lebensbiographische Erfahrung von Zugehörigkeit und Ausschluss, Privilegien und Diskriminierung. Und das wiederum hat Einfluss darauf, wie wir miteinander arbeiten, verhandeln, sprechen und Beziehungen aufbauen.
Mein Wunsch ist es, hierfür mehr Aufmerksamkeit zu generieren und mit der Hilfe von Modellen wie psychologische Sicherheit Handlungsoptionen aufzuzeigen. Ich freue mich darauf, im Anschluss mit den Teilnehmer:innen darüber zu diskutieren, warum wir zukünftig weniger auf Culture Fit als vielmehr auf Culture Add schauen sollten und wie uns in den Unternehmen dieser Sprung gelingen kann.
Auf der Agile HR Conference 2023 teilen neben Alicia mehr als 40 weitere Impulsgeber:innen ihre Transformations-Erfahrungen mit Dir. Finde Lösungen für Deine Herausforderungen, erhalte Orientierung in der Transformation und vernetzte Dich mit Deinen Gleichgesinnten.