In der Computerwoche ist ein Beitrag mit uns über „Karriere im agilen Unternehmen – Fachlaufbahnen eröffnen neue Chancen“ erschienen:
„Eine der größten Unsicherheiten bei der Einführung von Scrum ist die Frage: „Kann man in einem Scrum-Umfeld überhaupt noch Karriere machen?“ Da es Rollen statt Positionen gibt, verlieren Team- und Projektleiter im übertragenen Sinne zunächst ihre Jobs. Daher befürchten viele Mitarbeiter, dass sich Karrierepläne mit Scrum nicht mehr realisieren lassen. „Die Verhaftung im hierarchischen Statusdenken ist oft sehr stark“, sagt André Häusling, Geschäftsführer der Personalberatung Scrumjobs. „Man meint an tollen Titeln ablesen zu können, wie weit man es auf der Karriereleiter und im Leben schon geschafft hat.“ Der Aufstiegswunsch entspringt dem Wunsch nach Anerkennung, daher darf das Thema in agilen Unternehmen nicht ignoriert werden. Auch wenn solche Fragen vom Scrum-Mindset her nicht im Vordergrund stehen.
Neue Karrieremodelle in einer agilen Organisation sind in den Augen der Buchautoren Häusling und Boris Gloger („Erfolgreich mit Scrum – Einflussfaktor Personalmanagement, Hanser Verlag 2011) noch aus drei anderen Gründen notwendig:
- Flache Hierarchien: In agilen Unternehmen existieren deutlich weniger Führungspositionen mit disziplinarischer Personalverantwortung. Dafür gibt es mehr Rollen, die eine fachliche Führung der Mitarbeiter verlangen. Die Führungsspanne der Manager steigt, die Führungsrolle verändert sich. Ausschlaggebend für die Mitarbeiter ist aber immer wieder die Frage nach Perspektiven. Sie verknüpfen Führung mit mehr Gehalt und sehen dort häufig die einzige Möglichkeit, Karriere zu machen. Im Sinne des agilen Mindsets kann der Erfolg eines Mitarbeiters aber nicht mehr daran gemessen werden, wie viele Leute an ihn berichten.
- Niedriger Altersdurchschnitt: In den meisten IT-Firmen liegt das Durchschnittsalter bei Anfang 30. Nur selten haben diese jungen Mitarbeiter Lust, einige Jahrzehnte zu warten, bis ein Stelleninhaber in Rente geht oder vorher das Unternehmen verlässt, um in eine Führungsposition nachzurücken. Talentierte Menschen wollen Verantwortung übernehmen, egal ob auf dem Wege der disziplinarischen oder fachlichen Führung.
- Nicht jeder will Führungskraft werden und hat Interesse daran, seine Zeit mit Budgets, Mitarbeitergesprächen und unternehmenspolitischen Scharmützeln zu verbringen. Vor allem im IT-Umfeld besteht eher das Bedürfnis, an Technologie- und Projektthemen zu wachsen und darin die eigene Kompetenz in der Fachwelt zu positionieren. Umgekehrt ist auch nicht jeder fachlich versierte Mitarbeiter dafür prädestiniert, eine hervorragende disziplinarische Führungskraft zu sein. Das sollte der Vorgesetzte oder der Mitarbeiter selbst erkennen. Daraus kann leicht Frust entstehen, weil es keine anderen Möglichkeiten des Aufstiegs gibt. Der Mitarbeiter ist dann zwar ein intern erkannter, aber kein offiziell anerkannter Experte im Unternehmen.“